Als Tanzende bin ich manchmal Tanzleiterin, Tanzpädagogin und manchmal einfach Tänzerin. Als Tanzende erlebe ich mich in meinem Erwachsenenanteil – achtsam, beobachtend, verantwortungsbewusst - und ich lebe mein inneres Kind - meine Gefühle in all seinen Facetten. (Transaktionsanalyse Inneres Team) Erwachsene die ich bin, weiß ich: Ich bin zuständig für mein Innenleben, für meine Gefühle, Gedanken und mein Tun. Wenn es Wogen zu glätten gibt, weil mich Gefühle und damit verbundene Situationen und Erlebnisse verwirren, beunruhigen, im Bann halten, nicht zur Ruhe kommen lassen, dann weiß ich: Ich muss tanzen. Will mich hineinbegeben in meinen persönlichen Kosmos der Gefühle, durchgehen, durchtanzen… und verändert aus der Erfahrung herauskommen - weiser, klarer, friedvoller. Es gibt den Spruch „Da muss ich erst mal drüber schlafen.“ Für mich gilt eher: „Da muss ich erst mal drüber tanzen“. Es finden sich genügend Anlässe, Fragen und Herausforderungen und da bin ich froh, Tanz und seine Schätze kennengelernt und gelernt zu haben und immer wieder meine ganz persönliche Tanzbühne zu eröffnen, um einzutauchen in beseelte Wichtigkeiten.Andrea_03

Als Leiterin für therapeutischen Tanz weiß ich, was wichtig ist für achtsames Ein- und Auftauchen, welche Tore lichtvolle Tanzerfahrungen öffnen. Der Boden will aufbereitet sein. Als Erwachsenenbildnerin mit Schwerpunkt Innere-Kind-Arbeit weiß ich um die Wichtigkeit eines schützenden Rahmens für das innere Kind. Ich sorge darum für genügend Zeit, einen behaglichen Raum und Rahmen und für passende Einstimmung. Als Mensch und Tänzerin wähle ich alsdann den Platz, an dem ich beginnen will zu tanzen.

Intuitiv wähle ich die für meine Befindlichkeit passende Musik. Musik, die mich abholt, mich tiefer eintauchen lässt in mich hinein und mich gleichzeitig einlädt, aus mir heraus zu gehen, aus mir heraus zu tanzen.

Tanzen.

Ich, Erwachsene, die ich bin, blicke aufmerksam wie eine Kundschafterin in der Steppe auf jede Nuance, die sich bewegt. Nehme wahr, was in mir lebt. Gleichzeitig gebe ich mich der Musik, dem Tanz, dem Augenblick hin. Mein Körper nützt jeden Mikromoment, sich auszudrücken, ich lebe aus meinem Innersten heraus, lebe das Innerste aus mir heraus, Gefühle werden zu Ausdruck, sie sitzen nicht mehr in mir fest, sie treten über die Ufer, ufern aus, fließen, lösen sich auf. Weitere Gefühle erfassen mich, in manche Erkenntnis eingebunden. Ich gebe mich dem Feld anheim, in dem alle Gefühle und alles Wissen geborgen und vereint sind, ich werde Teil davon. Ich bin die Musik, ich bin der Tanz, ich bin die Tänzerin, ich bin Gefühl, manchmal auch Nicht-Fühlen.

Andrea_10Ich spüre, wenn der Zeitpunkt des Auftauchens da ist. Manchmal nach einer Viertelstunde, manchmal tanze ich eine Stunde lang. Manchmal schreibe ich nieder, was ich fühle oder als Botschaft auftaucht.

Und wie fühle ich mich nach meinem Tanzrendezvous mit mir selbst, meinem „Ausdruckstanz“? Oft fühle ich mich beseelt, fühle mich frei von einer Last, die mich eine Stunde davor noch im Besitz hatte. Manchmal kann ich die Gewichtung, die ich in die Sache gelegt hatte, gar nicht mehr nachvollziehen. Tanz befreit. Manchmal falle ich sanft in tiefe Demut und Dankbarkeit, weil sich Lösungen auftun, Wegweisungen zeigen. Ich empfinde: Es ist für alles gesorgt. Und alles ist verbunden. Bewege ich mich, kommt etwas in Bewegung. In mich hinein tanzen, aus mir heraus tanzen.

Bin ich nicht alleine auf der Tanzfläche, wähle ich gerne Authentic movement – eine Tanzart therapeutischen Tanzens, bei der eine Begleitung, eine Zeugin, ein Zeuge an die Seite der Tänzerin bzw. des Tänzers gestellt wird. (In Bälde werde ich mehr über Authentic movement schreiben.)

Geht mein Bewegungsbedürfnis nicht Richtung Tanzimprovisation oder Ausdruckstanz, lasse ich mich gerne durch genaue Bewegungsabfolgen einer bewegten Meditation zentrieren. Auch spirituelle Tänze oder choreografierte Mantren bringen innere und äußere Balance und inneren Frieden! Im Setzen vorgegebener Schritte und Körperbewegungen wird es innen drin stiller. Der Körper ist beschäftigt, der Geist beruhigt sich. Die Wiederholung der Abfolge sorgt für äußere und dann für innere Ordnung. Ich leere meinen Geist, mein Körper weiß bald, wie die Abfolge stattfinden soll. Ich kenne die Schritte, weiß, wie es weitergeht im Tanz. Und dann weiß ich auch, wie es weitergeht im Leben. Antworten genährt aus Tanz. Aus Tanz, der innere Ruhe aufbereitet. Ich werde innen drin ganz still, obwohl ich mich bewege, obwohl Musik läuft. – Oder gerade weil Musik spielt, die mich mit ihren Schwingungen in eine mich stillende Atmosphäre trägt. Musik vermag das. Und Tanz.Andrea_14

Und dann sind da noch die üppigen Schätze gemeinschaftlichen Tanzens. Welch ein Segen, wenn diese Möglichkeit offensteht zum Verbinden mit Gleichgesinnten, Tanzfreudigen! Ich bin verbunden im Tanzkreis, bin eingebunden in ein Miteinander. Ich habe meinen Platz. Es ist wichtig, dass ich hier an diesem Platz stehe, hier tanze, bin. Ich fülle ihn aus, gestalte ihn, bin Tanzraum, bin Liebende, bin verbunden mit allen und allem. Beim Kreistanz kommt das Geschenk der Handreichung dazu. Ich gebe Halt und nehme mir Halt, darf mich anhalten. Ich verbinde mich in alle Richtungen, direkt aus der Herzmitte über meine Arme und Hände zur Nächsten, zum Nächsten, zum Himmel und zur Erde.

Gleich gesetzte Schritte harmonisieren, schaffen Gleichklang oder geben Gelegenheit zur Erfahrung, einmal aus der Reihe zu tanzen. Freudvolle Tänze multiplizieren die Freude aller im Tanzkreis. Heitere Tänze erschaffen Heiterkeit, erdige Tänze führen zu Erdung, spirituelle Tänze befeuern den eigenen Spirit. Obwohl – irgendwie macht das jeder Tanz.Andrea_19

Tanz für mich. Tanz mit mir. Tanz mit vielen anderen.

Tanz ist Segen. Tanz ist Leben. Tanz ist Lebendigkeit.

Tanz lässt mich meine Gefühle ausdrücken und kennenlernen, Tanz bewegt mich, Tanz befreit.