Das Misa Criolla Project ist eine Initiative der niederländischen Choreografin Nanni Kloke.
Im Rahmen der Stiftung Art for Peace arbeiten KünstlerInnen aus verschiedenen Ländern beim Misa Criolla Project zusammen. Nanni Kloke (Niederlande) hat die einzelnen Teile der Misa Criolla zur Einspielung durch Musica Temprana unter Leitung von Adrian Rodriguez van der Spoel (Argentinien) choreographiert. Entstanden ist eine farbenreiche und berührende Verschmelzung von Musik und getanztem Gebet. Mit ihren Choreografien lädt Nanni Kloke dazu ein, die verschiedenen Teile der Messe neu zu entdecken und die Misa Criolla als spirituellen Weg zu erleben.
Im Rahmen der „Langen Nacht der Kirchen 2020“ wird die Misa Criolla in getanzter Form erstmals in Wien am 5. Juni 2020 aufgeführt. Eine willkommene Gelegenheit, mehr über die Entstehung und Hintergründe dieser Choreografie von Nanni Kloke zu erfahren.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, zur Misa Criolla eine Choreografie zu entwickeln?
Die Misa Criolla liegt als CD in verschiedenen Fassungen schon mehr als 20 Jahre in meinem Schrank. Immer wieder habe ich gedacht, dass ich dazu etwas choreographieren möchte. Was mich davon abgehalten hat, war unter anderem,
dass ich dachte, dass es für Kreistänzer vielleicht zu komplex wäre, es als Ganzes mit allen Übergängen zu tanzen. Als ich dann aber auf die Einspielung von Música Temprana stieß, da konnte ich es doch nicht lassen. Meine viele Arbeit in Südamerika hat mir nochmal extra Mut gemacht es dann auch wirklich zu machen. In dieser – manchmal auch sehr rhythmischen Musik – spürt man sehr stark den südamerikanischen „Spirit“.
Wie entstand die Choreografie? Hast Du vorhandene Tanzsequenzen zitiert oder sind alle Tänze extra für die Misa entstanden?
Meine Choreografien sind immer sehr stark mit der Musik und meinen inneren Bildern verbunden. Viele der Bewegungen, Bodenmuster und Gruppenformen sind universeller Art, können aber auch christlich interpretiert werden. Die Bilder beziehen sich hauptsächlich auf den Menschen als Verbindung zwischen Himmel und Erde und den göttlichen Funken in jedem Einzelnen. Die einzelnen Teile der Misa fordern mich als Choreographin auf, mich in die Ursymbole und Bedeutung der Teile zu vertiefen und sie durch die Inspiration der Musik in Bewegung um zu setzen.
Du hast für die Choreografie die Einspielung der Gruppe Música Temprana unter der Leitung von Adrián Rodriguez van der Spoel verwendet, warum?
Diese Aufnahme ist von klassisch geschulten Musikern eingespielt worden, wodurch ich das Gefühl hatte, dass die Musik auch für Menschen zugänglicher wurde, die nicht in der südamerikanischen Musiktradition zu Hause sind. Die Kulturwurzeln sind aber noch immer klar in ihren verschiedenen Rhythmen hörbar.
Der Maler Guatacara Monteiro aus Brasilien schuf zu den einzelnen Teilen der Misa Criolla bunte Mandalas. Wie kam es dazu?
Ich kenne den Maler Guatacara schon viele Jahre. Wir sind uns immer mal wieder auf Tanzfestivals in Brasilien begegnet. Er ist neben seiner Arbeit als Künstler auch ein Kreistänzer. Seine Bilder sind in Brasilien sehr bekannt und auch hier in Europa hatte er schon eine Ausstellung im Louvre (Paris). Ich dachte, dass neben der Musik aus Argentinien seine farbenreichen Mandala-Bilder die Seele der Südamerikaner im breitesten Sinne gut zum Ausdruck bringen könnten. Ich habe ihm die Musik gegeben und er hat dazu frei nach seiner Interpretation zu jedem einzelnen Teil der Misa gemalt.
Zurück zu Deiner Arbeit als Choreografin. Gibt es ein Lieblingsstück in der Misa und welches Stück hat Dich als Choreografin besonders herausgefordert?
Ich kann nicht sagen, welches Stück mir am Besten gefällt, da sie alle einen anderen Charakter haben. Wohl kann ich aber sagen, das Gloria ist ganz besonders abwechslungsreich mit seinen verschiedenen Teilen. In diesem Teil der Misa werden von den Teilnehmern in Kleingruppen immer eigene Gebete in Bewegung gestaltet. Diese Gruppenarbeit ist für mich besonders spannend und es ist oft sehr überraschend, wie die einzelnen Gruppen die Aufgabe lösen.
Ist die Choreografie nun fertig und sozusagen „in Stein gemeisselt“ oder veränderst Du sie noch hin und wieder?
Die Basischoreografie ist fertig, was aber nicht heißt, dass sich die Choreografie nicht manchmal verändert. Oft muss ich mich doch den Teilnehmern anpassen oder auch an den Raum oder die Gelegenheit, wo wir tanzen. Auch kann es sein, dass ich neben der Kreistanzchoreografie auch noch „Community Dance“ Elemente mit hinein nehme, was dann natürlich auch seine Auswirkung hat und zu kleineren Veränderungen im Kreistanz führt.
Die Misa ist Teil Deines Projekts „Art for Peace“. Welche Wünsche hast Du bezüglich der Aufführungen oder der Aufführungsorte?
Die Misa Criolla kann mit oder auch ohne Kooperation mit der Stiftung „Art for Peace“ (www.artforpeace.net) als Workshop angeboten oder auch als Aufführungsprojekt ausgeführt werden. Mir ist es wichtig, dass Menschen, die die Misa anbieten ihre Misa Ausbildung (2 Module) bei einem meiner offiziellen Mitarbeiter/Trainerinnen abgeschlossen haben. Denn es geht bei diesem Projekt nicht nur um die Tanzschritte, sondern auch um die tiefer liegende Botschaft der einzelnen Teile der Messe. Ich hoffe, dass durch das Vertiefen der Tanzarbeit, die zu einer universellen Bewegungssprache führen wird, auch die Essenz der einzelnen Teile der Messe die Menschen wieder zu sich selbst und ihren Urbedürfnissen zurück finden lässt. So wie zum Beispiel das Kyrie für die Suche nach Erbarmen steht oder das Credo als Herausforderung sich mit seinem eigenen Glauben auseinanderzusetzen. Oft wird die Misa in kirchlichen Räumen getanzt. Ich finde das aber nicht zwingend notwendig. In Brasilien tanzen wir sie auch im Park oder auf irgendeinem Platz in der Stadt. Wichtig finde ich, dass das sogenannte Publikum mit eingestimmt wird, dass
sie wissen, dass sie als „Zeugen“ wichtig sind und mit ihrer Präsenz beitragen können. Oft laden wir vor oder nach der Misa alle Menschen Vorort noch ein, die ergänzenden, einfachen Friedenstänze mit zu tanzen. Man könnte auch zum Beispiel die Zuschauer in dem langsamen Teil des Glorias mit einer Gebärde mit einbeziehen oder durch das Entwickeln von Ritualen, die neben dem Tanz Platz haben können.
Was muss jemand tun, der die Misa gerne in seinem Umfeld aufführen möchte?
Wenn jemand die Misa in seinem Umfeld anbieten oder aufführen möchte, wendet er sich am besten an die Akademie für Bewegung und Bewusstsein. Wir vermitteln dann die richtige Person für das entsprechende Projekt. Man kann auch auf der Website www.nannikloke.com oder www.artforpeace.net die Agenda der verschiedenen Misa Criolla Angebote finden, von offenen Workshops und Arbeitskreisen bis zu den Ausbildungsterminen der Misa.
Was wünscht Du Dir für Zukunft der Misa und was kannst Du uns über Dein aktuelles Projekt erzählen?
Ich wünsche mir, dass die Misa viele Menschen zusammen bringt mit ihren Zweifeln, ihrer Trauer und Freude auf der Suche nach ihrem eigenen Glauben. Dass wir durch das gemeinsame Tanzen und den Austausch zu einem persönlichen und lebendigen Glauben zurückfinden können, der nicht unbedingt kirchlich gebunden ist. Ich arbeite
gerade an einem Misa Projekt in Südamerika. Dort ist es nicht leicht, da viele Teilnehmer die Kirche als Institution ihres Glaubens schon lange hinter sich gelassen haben und sich dort auch nicht wieder anbinden möchten. Da der gesungene Text manchmal alte Wunden wieder aufbrechen lässt, ist dort viel Heilungsarbeit notwendig. In Europa sind gerade die zwei sehr unterschiedlichen Projekte „Hagios“ mit Helge Burggrabe und „Earth Prayer“ in Kooperation mit „Art for Peace“ am Wachsen. Ersteres mit christlicher Musik, das andere komplett indigene Musik mit starker Naturverbundenheit und doch – wie auch bei der Misa – ist die gemeinsame Essenz zu finden, die alle vereint. Ich glaube an das liebende Göttliche und genau diese Quelle ist es auch, die mich motiviert, mich immer wieder auf den Weg zu machen und dies durch Tanz und Musik die Menschen spüren zu lassen.
Liebe Nanni, wir danken für das Interview und wünschen Dir und Deinen Projekten alles Gute.
Das Interview mit Nanni Kloke führte Dani Wildprad für Choretaki.
2020 wird die Misa Criolla in getanzter Form erstmals in Wien im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen am 05. Juni aufgeführt.
An jeweils einem Wochenende (Freitag bis Sonntag) im April und Mai wird die Choreografie unter der Leitung von Dani Wildprad erarbeitet. Alle die mitmachen wollen, sind herzlich dazu eingeladen. Etwas Tanzerfahrung im Kreistanz, sakralem/meditativem Tanz ist hilfreich, aber nicht unbedingt Voraussetzung. Für Detailinformationen hier klicken
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