Vier Männer in südländischer Tracht, in Schulterfassung, im Tanz. Eine Szene reduziert auf die Farben Rot und Schwarz, schwungvoll und skizzenhaft gezeichnet von Prof. Bernhard Wosien. Auf dem Weg durch das Sekretariat in mein Büro trifft mein Blick fast täglich diese Zeichnung und lässt mich an die Anfänge des Tanzes im Bildungshaus Schloss Puchberg denken: Prof. Bernhard Wosien, der große Tänzer, Ballettmeister, Choreograph, Zeichner und Maler aus München, der erstmals im März 1984 Schloss Puchberg besuchte,ein begeisterndes Seminar zur „Meditation des Tanzes“ hielt und viele Menschen bleibend im Tanz zusammenführte: „Tanz als elementare Äußerung der menschlichen Kultur ist Ausdruck des Gefühls, gemeinsame Erfahrung von Freude und Trauer.“[1]

Wie viele Tänzerinnen und Tänzer haben hier in den folgenden 30 Jahren diese  gemeinsame Erfahrung von Freude und Trauer im Tanz erlebt! Wie viele Menschen haben sich im Tanzkreis die Hände gereicht und die Kraft der Gemeinschaft gespürt!

Blättert man die Jahresprogramme der letzten 30 Jahre durch, wird ersichtlich, welchen großen Stellenwert der Tanz im Bildungsprogramm des Hauses einnimmt: 

Seit Beginn, also seit Mitte der 80er Jahre, waren der Meditative, Sakrale und Liturgische Tanz im Bildungshaus der Diözese Linz fest verankert. In unzähligen Seminaren, gehalten v.a. von Prof. Bernhard Wosien, seiner Tochter, der Tanzpädagogin, Schriftstellerin und Choreographin Dr.in Maria-Gabriele Wosien, und von den beiden Theologinnen Gertrud Prem und Mag.a Borghild Baldauf besann man sich wieder auf den Tanz als „Gebet und wortlose Zwiesprache mit Gott“[2], der den Menschen in seiner Ganzheit fordert und ihn ahnen lässt, wer er in seinem innersten Wesen ist.

Parallel dazu wird seit 1984 eine „tänzerische Reise“ unternommen, die zum einen, wie beim Historischen Tanz im wunderbaren Spiegelsaal des Schlosses, zeitlich durch die Jahrhunderte führt, zum anderen von England über Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Armenien, Türkei, Israel, Russland bis hin nach Ägypten, Afrika und sogar nach Brasilien geht. Pro Jahr werden ca. 10 Wochenendseminare unter der Leitung internationaler ReferentInnen angeboten, die die Tänze anderer Kulturen in den Mittelpunkt stellen. Darüber hinaus findet man sich seit 1989 monatlich zusammen und erfreut sich an internationalen Folkloretänzen. Den Grundstein dafür haben Johanna Weismann und Ingrid Mayer gelegt, die mit ihrer ansteckenden Freude am Tanz über viele Jahre hinweg den Tanz in Puchberg zu dem werden ließen, was er ist: ein Ort für Begegnung, die begeistert!

Ein besonderes Erlebnis ist natürlich zu Live-Musik zu tanzen. Die legendären Konzerte und beschwingten Tanzfeste der Gruppe URSOAICA mit Gertrud Prem sollen ebenso erwähnt werden wie die griechischen Tanzfeste mit Thomas Chamalidis und den kretischen Musikern Eftychis und Nektarios Kostakis, die die Lebensfreude und Begeisterung, die von diesen Tänzen ausgehen, spürbar werden ließen. Spürbar nicht nur hier in Puchberg, sondern v.a. auf den drei Tanzreisen, die wir gemeinsam nach Griechenland unternommen haben.

Wie viele Menschen haben sich diesen unterschiedlichen Kulturen geöffnet, sich eingelassen auf die schönsten Tänze dieser Welt, haben bis in die Nacht hinein getanzt und das Haus mit dem Gefühl des Eingebunden-Seins in eine Gemeinschaft wieder verlassen!

Seit vielen Jahren reicht man sich im Schloss Puchberg beim Tanz die Hände. Anfangs manchmal zögerlich und ängstlich, manchmal selbstbewusst und selbstverständlich. Manchmal liegt eine ältere Hand in einer jüngeren, manchmal eine weibliche in einer männlichen, manchmal eine trauernde in einer fröhlichen.

Der griechisch-orthodoxe Theologe und Tanzlehrer für griechischen Volkstanz Kyriakos Chamalidis, der seit Anfang der 90er Jahre mit den Volkstänzen seiner Heimat nicht nur die Puchberger Tanzszene begeistert, hat sich auf diesen Aspekt der Trauerbewältigung mithilfe des griechischen Tanzes spezialisiert und bereits zwei Trauertanzausbildungen in Puchberg mit großem TeilnehmerInneninteresse durchgeführt. Der Einsatz des Tanzes als therapeutisches Mittel ist auch Inhalt der Fortbildung der Tanz- und Gestalttherapeutin Ulla Schorn M.A., die Anna Halprins Life-Art-Process in das Zentrum ihrer Arbeit stellt. 2018/19 wird aufgrund der großen Nachfrage die bereits dritte Fortbildung zu diesem Thema in Puchberg angeboten. 

Viele Menschen haben im Laufe der letzten 30 Jahre dazu beigetragen, das Bildungshaus Schloss Puchberg über die Grenzen hinaus für sein vielfältiges Tanzangebot bekannt zu machen. Zum einen meine engagierten Vorgängerinnen und Vorgänger, zum anderen die qualifizierten ReferentInnen, aber schließlich natürlich die vielen tausenden TeilnehmerInnen, die ihre Begeisterung mit nach Hause nehmen und immer wiederkommen. 

Ich lade Sie herzlich zu Tanzveranstaltungen im neuen Kursjahr ein und würde mich freuen, Sie in Puchberg begrüßen zu dürfen. „Ajde na horo! Auf zum Tanz!“ 

Mag.a Christine Mader 

Bildungsreferentin für Kunst und Kreativität, Bildungshaus Schloss Puchberg

 

[1] B. Wosien, Ausschreibungstext “Die Meditation des Tanzes”, Kurskalender 1983/84, 79.

[2] B. Wosien, in: Wosien, Maria-Gabriele (Hg.): Bernhard Wosien. Der Weg des Tänzers. Selbsterfahrung durch Bewegung, Bergdietikon, 3. Aufl. 2008, 30.

Tanzgattung