Vor zwei Jahren lud mich
die kanadische Friedensbewegung „Pax Cultura“ ein, mit den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern dieses Kongresses zu tanzen. Unter dem Motto „Wo Frieden ist, ist Kultur - wo
Kultur ist, ist Frieden“ entstand in den Jahren nach
1925 weltweit diese internationale Kultur- und Friedensbewegung, die 1929 durch
den russischen Maler und Philosophen Nicholas K. Roerich (nominiert für den
Friedensnobelpreis) initiiert und geleitet wurde. Zentral stand ein
interkultureller Austausch auf hohem politischen, religiösen,
wissenschaftlichen, künstlerischen und gesellschaftlichen Niveau, der zum Ziel
hatte, Wissenschaft, Kunst und Religion wieder zusammen zu führen, sollte es
einen Weltfrieden geben.

Die Theologin und Friedenskämpferin Dorothee Sölle formulierte es
einmal so:   „...Ja, die Theologie hat Anteile an der
Wissenschaft, aber ich glaube, sie ist eigentlich näher an der Kunst als an der
Wissenschaft, wenn man das genau nimmt. Das ist auch jahrhundertelang so
gewesen, dass die besseren Theologen eher Künstler als Wissenschaftler waren.“

Anfangs der 70er Jahre teilte ich die Visionen der
Urvölker Amerikas, denn auch mir träumte von
Freiheit, von der Überwindung von Grenzen, von Gerechtigkeit und von
Frieden……..  Zur Vorbereitung auf
meinen workshop zum Thema FRIEDEN fiel mir jedoch als erstes der Vortrag von Astrid
Lindren wieder in die Hände, den sie anlässlich der Verleihung des
Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Jahre 1978 gehalten hat.
Sie holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück und sprach / spricht mir aus
der Seele:

„Über den Frieden reden heißt, über etwas
sprechen, das es nicht gibt. Wahren Frieden gibt es nicht auf unserer Erde und
hat es auch nie gegeben, es sei denn als Ziel, das wir offenbar nicht zu
erreichen vermögen. Solange der Mensch auf dieser Erde lebt, ist der Friede ständig
bedroht. Es ist ebenfalls wahr, dass sich angesichts dieser Bedrohung immer
mehr Menschen für Frieden und Abrüstung einsetzen - das könnte eine Hoffnung
sein.“

„Müssen wir uns aber nicht
dennoch fragen, ob der Mensch nicht vielleicht schon in seiner Anlage
fehlerhaft ist?  Wir alle wollen ja den
Frieden. Gibt es denn da keine Möglichkeit, uns zu ändern? Könnten wir nicht
versuchen, eine ganz neue Art Mensch zu werden?“ 
Es sind schließlich immer einzelne
Menschen, die die Geschichte der Welt bestimmen, im Positiven wie im Negativen.
Ob ein Kind zu einem warmherzigen, offenen und vertrauensvollen Menschen mit
Sinn für das Gemeinwohl heranwächst oder aber zu einem gefühlskalten, destruktiven  Menschen, das entscheiden die, denen das Kind in dieser Welt
anvertraut ist. Überall lernt man nur von dem, den man liebt", hat Goethe einmal
gesagt und, so meine ich: „Von den Menschen, die uns lieben“. Martin Luther
beschreibt den egoistischen Menschen „als den auf sich selbst verkrümmten
Menschen. Er kann den aufrechten Gang nicht lernen. Tag und Nacht kreist er,
möglichst ununterbrochen um sich selber. Er oder sie wird nie frei von sich
selber - was doch wohl eines der schönsten Geschenke der Liebe ist.“

Der
griechische Philosoph Platon schrieb über das „Wahre, Schöne und Gute“. Dabei
handelt es sich um den Menschen
und um das, was ihn bewegt oder ihn sogar am Ende glücklich macht. Wonach sehnen sich Menschen? Es ist der Wunsch, ganz, heil zu sein,
vertrauen, hoffen und glauben zu können. Viele Menschen erwarten, bei der
Meditation des Tanzes – Sacred Dance Frieden, heilsame Stille und Harmonie zu
finden. Wenn man Frieden jedoch als das
Ergebnis von Friedfertigkeit und der Fähigkeit, Konflikte mit Empathie zu
klären, Probleme kreativ oder spielerisch zu
lösen, definiert, erhebt sich die Frage: ist ein soziales Zusammenleben in Harmonie, ohne
Statuskämpfe und Reibungen überhaupt möglich? 
- Die Tugend der „Friedfertigkeit“ im Sinne der Fähigkeit und
Bereitschaft, Frieden zu stiften, ist schon in den Seligpreisungen der
Bergpredigt zu finden. - "Et in terra pax hominibus bonae voluntate."
- Und Friede auf Erden den Menschen guten Willens. So singen die Engel in der
Weihnachtsgeschichte und so wurde es ins Gloria übernommen. - Frieden kommt
also nicht ohne Zutun der Menschen über uns und die ganze Menschheit.

In der griechischen Antike bezeichnete der Begriff „eirene”
(ειρήνη) bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. einen Zustand von Ordnung, Wohlstand und Ruhe. Die Göttin Eirene als personifizierter Friede wurde mit dem Füllhorn, dem Symbol des Reichtums dargestellt. Die Römer benutzten als Friedensbegriff die
lateinische Bezeichnung „pax“ und 
Im Judentum
hat der hebräische Begriff Schalom die Bedeutungen „Unversehrtheit“, „wohlbehalten sein“, „sicher
sein“, „Glück“, „freundlich miteinander“, „im Frieden“. Im Neuen
Testament
benutzt Jesus
den Gruß Schalom, um seine Jünger zu begrüßen, und gibt ihnen diesen Gruß
auf die Reise mit. Das Wort ist mit dem arabischen „Salam“ auf das engste
verwandt. Der arabische Begriff Salām ist auch in die Umgangssprache als Gruß
eingegangen as-salamu ´alaikum = Friede sei mit Euch.

Bei allen
Zweifeln und Vorbehalten - Was bliebe denn vom Leben, wenn wir uns das Träumen
verbieten und unsere spirituellen Quellen versiegen lassen? Träume und Visionen
sind lebensnotwendig, überlebensnotwendig. In diesem Zusammenhang finde ich die
nachstehende Geschichte von Dorothee Sölle ermutigend:  „Die Leute im
Mittelalter, welche die Kathedralen gebaut haben, haben sie nie fertig gesehen.
Hunderte Jahre wurde daran gebaut. Da hat irgendein Steinmetz eine wunderschöne
Rose gemacht; sie war sein Beitrag, sein Lebenswerk. Aber ohne seine
einzigartige Rose, wäre die Kathedrale nicht geworden, was sie ist. Dennoch:
eines Tages gab es die fertige Kathedrale wirklich. So ähnlich müsst Ihr Euch
das mit dem Frieden vorstellen.“

Es kommt
darauf an, uns in Gruppen für Frieden und Gerechtigkeit zu engagieren und nach
einem vertrauensvollen, friedlichen, schöpferischen Miteinander in unseren
Tanzkreisen zu streben.

Uns verbindet die Suche des eigenen Herzens nach
der Essenz. Die Ausdrucksformen sind so
vielfältig, wie die Menschen und Kulturen. Doch sollten wir nicht vergessen: im
Herzen sind wir alle Eins.

Schalom – Salam

Friedel Kloke-Eibl

Choretaki-Tipp: Choreografien von Friedel Kloke-Eibel zum Weltfriedenstag 2015: