Was hat der Tango mit einem Gottesdienst zu tun?
Nichts – würde wohl die gängige Antwort lauten.
Geht das denn? In der Kirche tanzen? Und noch dazu Tango! Ist das nicht ein erotischer Tanz?
Und Erotik hat in der Kirche doch wirklich nichts verloren!!!
Und doch – warum soll in der Kirche denn nicht getanzt werden?
Warum soll beten nicht leidenschaftlich sein dürfen?
Schon im Psalm 150 steht: Lobt Gott mit Pauken und Tanz, lobt ihn mit Flöten und Saitenspiel!
Diese Fragen hatten sich mir am Anfang jedoch gar nicht gestellt. Denn wenn es ums Tanzen geht bin ich sofort Feuer und Flamme. Bei näherem Hinsehen – also in der Vorbereitung des Gottensdiensts – wurde es jedoch spannend.
Welche Lieder? Welche Texte?
Klassischer (europäischer) Tango oder Argentinischer Tango?
Nur Paartanz oder auch in der Gruppe als Kreistanz.
Das Aktionsteam rund um unseren Diakon Helmut Schriffl entschied, dass alles Platz haben sollte.
Der klassische europäische Tango ist uns aus dem Tanzkurs (den wir seit zwanzig Jahren besuchen) vertraut – trotzdem übten wir daheim den Ablauf der Figuren, denn sich als einziges Paar mitten in der Gemeinschaft auf der „Tanzfläche“ zu bewegen ist schon etwas Anderes als auf einer Veranstaltung gleichzeitig mit vielen anderen Paaren gleichsam im Schutz der Anonymität zu tanzen.
Argentinischen Tango mussten wir erst lernen. Dafür hatten wir nicht viel Zeit, denn von der Einladung bis zum Termin des Tangogottesdienstes waren es nur wenige Wochen. Dank Internet gelang es uns, den Grundschritt und einige einfache Figuren zu erlernen. Der Kreistanz war wiederum aufgrund meiner Tanzausbildung einfacher vorzubereiten.
Am 28. Juli 2023 – einem heißen Sommertag – war es dann soweit:
Die Sessel im Kirchenschiff kreisförmig aufgestellt, sodass in der Mitte genug Raum zum Tanzen war. Die Kirchenband und das Aktionsteam hatte sich eingefunden auch eine Agape war vorbereitet und dann kam – für uns überraschend – ein Redaktionsteam des ORF. Unter den BesucherInnen befanden sich auch MittänzerInnen aus den Seniorentanzgruppen, die ich besuche und eine befreundete Tanzleiterin, die begeisterte Tangotänzerin ist.
Nun hieß es Nerven behalten, d.h. um göttlichen Beistand bitten.
Es wurde ein sehr stimmungsvoller Wortgottesdienst mit meditativen Texten, die die Verbindung zwischen dem Tanz und dem Glauben unterstrichen. Der Tango, die Texte, die Lieder und gesprochenen Gebete ergänzten einander auf harmonische Weise. Die anschließende Agape bot Möglichkeit zum vertieften Austausch und gemütlichem Beisammensein. In den darauffolgenden Wochen und Monaten wurde ich häufig auf dieses Ereignis angesprochen, denn es hatten viele Menschen über die Medien von unserem Tangogottesdienst erfahren. Das Feedback war durchwegs positiv.
Es heißt: Tanzen ist beten mit den Füßen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Tanz ein ganzheitliches Gebet ist, das Körper, Geist und Seele umfasst. Besonders schön fand ich daher, dass am Ende der Veranstaltung (nahezu) alle BesucherInnen gemeinsam einen Tango im Kreis mitten in der Kirche getanzt haben.
Der Tangogottesdienst ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich würde mir wünschen, dass viel öfter in der Kirche getanzt wird. Auf diese Art kommt Bewegung in den kirchlichen Glauben und die Menschen können vom Glauben neu bewegt werden.
Ganz im Sinne unseres Segensgebetes:
Dein Segen Herr schwinge mit uns mit
beim Tanz der Schöpfung vor dir.
Hilf uns in Bewegung zu kommen
zu einem neuen Leben voller Freude!
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