Jetzt ein paar Worte über den Unterschied zwischen dem julianischen und dem gregorianischen Kalender. Der julianische Kalender wurde von Julius Caesar eingeführt und war in manchen Teilen der Welt noch weit bis ins 20. Jahrhundert gültig. Im kirchlichen Bereich teilweise - so wie in Russland - noch bis heute. Das julianische Jahr ist gegenüber dem Sonnenjahr um 11 Minuten und 14 Sekunden zu lang. Dies führte zu einer zunehmenden Abweichung vom Sonnenlauf, die im 14. Jahrhundert schon mehr als sieben Tage betrug. Papst Gregor XIII. führte im Jahre 1582 den gregorianischen Kalender mit einer verbesserten Schaltregel ein. Diese besagt, dass volle Jahrhunderte (wie 1700, 1800, 1900 usw.) nur dann Schaltjahre sind, wenn sie durch 400 teilbar sind (daher war das Jahr 2000 ein Schaltjahr, das Jahr 1900 dagegen nicht). Seit 1900 (und noch bis 2099) besteht zwischen beiden Kalendern eine Differenz von 13 Tagen, um die der julianische Kalender dem gregorianischen Kalender hinterher läuft. Wenn zum Beispiel laut dem gregorianischen Kalender der 7. Januar ist, dann hat man laut dem julianischen erst den 25. Dezember. Daher liegt auf dem 7. Januar gregorianischen Stils das Weihnachtsfest vieler orthodoxer Kirchen. Aber auch wird nach dem julianische Kalender kirchlich das Neue Jahr begrüßt in der Nacht von 13. auf 14. Januar. und feiert man Dreikönige am 19. Januar.
In Russland gab es vor Peter dem Großen die byzantinische Zeitrechnung und Kalender. Peter der Große stellte Ende 1699 nicht auf den damals in West-Europa schon eingeführten verbesserten gregorianischen Kalender um, sondern auf den obsoleten julianischen Kalender (ab 1. Januar 1700 gültig). Dieser wurde dort noch bis nach der Oktoberrevolution beibehalten, dann aber von den Bolschewiki am 1. Februar (jul.) / 14. Februar (greg.) 1918 durch den gregorianischen Kalender ersetzt.
Eine in Russland sehr bekannt gewordene Frau, Agafja Lykowa, gehört zu einer Religionsgruppe die man als Altgläubige, oder auch Altritualisten bezeichnet. Es ist eine Bezeichnung für verschiedene christliche Richtungen und Gemeinschaften in Russland, die seit 1667 nicht mehr zur Russisch-Orthodoxen Kirche gehörten. Die Altgläubigen wandten sich gegen die Reformen des Patriarchen Nikon, der ab 1652 Texte und Riten der russisch-orthodoxen Gottesdienste reformierte. Agafja Lykowa lebte mit Ihren Eltern und Geschwister in die Taiga Sibiriens, 40 Jahre lang isoliert und völlig abgetrennt von die Welt. Sie folgten den Richtlinien, die für wahre Christen laut der alten Bibel von vor 1652 vorgeschrieben waren. Ihre Bibel, die ihre Eltern mitgenommen haben als sie sich von der Welt zurückgezogen hatten, ist mehr als 400 Jahre alt. Patriarch Nikon war für die Altgläubigen, so wie auch für die Lykows, der Antichrist. Agafja ist geboren im Jahr 1944, aber sie selbst sagt dass sie im Jahr 7453 geboren ist. Sie lehnt jeder andere Zeitrechnung, gregorianische, oder julianische Kalender, ab und lebt, ebenso wie Ihre Eltern, mit der byzantinische Zeitrechnung, so wie es war bevor den Reformen von Patriarch Nikon in 1652. Wir leben heute im Jahr 2017, und werden Sylvester feiern und das Jahr 2018 begrüßen. Aber Agafja Lykowa lebt heute im Jahr 7526 und begrüßt am 1. Januar das Jahr 7527.
Das Buch von Wassili Peskow: Die Vergessenen der Taiga: die unglaubliche Geschichte einer sibirischen Familie jenseits der Zivilisation. Goldmann, München 1996, ISBN 3-442-12637-1 kann ich sehr empfehlen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lykow
Hennie Konings
Mehr zum weihnachtlichen Brauchtum in Russland schreibt Hennie Konings in Weihnachten Russland - Brauchtum und Zeitrechnung
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