Choretaki-Interview: Laura Shannon spricht mit Monika Klinger über ihre Rückkehr zum Unterrichten in Deutschland und die Weisheit der traditionellen Tänze.
MK: Laura, es ist wundervoll, dass du nach dreijähriger Abwesenheit endlich wieder in Deutschland unterrichtest. Warum hat es so lange gedauert?
LS: Danke, Monika, es ist wunderbar, wieder da zu sein! Meine lange Abwesenheit war das Ergebnis einer Kombination aus der Pandemie und dem Brexit, durch den das Recht der britischen Bürger in der EU zu arbeiten, abgeschafft wurde. Es war ein langer und mühsamer Prozess, ein Arbeitsvisum für Deutschland zu erhalten und ich bin froh, dass ich es jetzt endlich habe.
MK: Wenigstens konnten wir durch Tanzen über Zoom in Kontakt bleiben.
LS: Ja! Die Umstellung auf das Zoom-Tanzen war eine Herausforderung, aber sie hat sich gelohnt, denn die Online-Tanzkurse schufen eine weltweite Gemeinschaft und waren für viele TänzerInnen, die sich während der Pandemie sehr isoliert fühlten, eine echte Rettungsleine. Ich nannte diesen Zoom-Tanzraum 'die Gärten von Al-Zoum' – ein magischer Ort, wie aus einem Märchen, an dem TänzerInnen aus der ganzen Welt zusammenkommen konnten, ohne jemals unser Zuhause zu verlassen. Unser Schwerpunkt lag auf den meditativen und heilenden Aspekten des Tanzes, und wir waren erstaunt über die Tiefe und Schönheit dieser Online-Treffen, die ich vor der Pandemie nicht für möglich gehalten hätte.
MK: In vielen deiner Online-Kurse gab es auch Live-Musik.
LS: Die Pandemie war eine schlimme Zeit für traditionelle Musiker in Griechenland: keine Hochzeiten, keine Feste, keine Tavernen, keine Tanzgruppen, keine Konzerte, kein Einkommen und keine staatliche Unterstützung. In einer Zeit, in der viele Berufsmusiker anfangen mussten, Pizza auszuliefern oder ähnliches, um ihre Familien zu unterstützen, verschafften unsere Zoom-Tanzkurse 12 Musikern regelmäßige Arbeit und ein beträchtliches Einkommen. Ich hielt es für sehr wichtig, sie zu unterstützen, denn ohne traditionelle Musik gäbe es auch keinen traditionellen Tanz.
MK: Es muss auch für dich seltsam gewesen sein, nach 30 Jahren ständigen Reisens und Unterrichtens plötzlich einen leeren Kalender zu haben. Was hast du, abgesehen vom Tanzen in den Gärten von Al-Zoum, mit deiner Zeit gemacht?
LS: Ich konnte endlich meinen Master-Abschluss über die esoterische Weisheit, die in den rituellen Tänzen der Frauen verschlüsselt ist, abschließen und mit der Arbeit an meiner Doktorarbeit beginnen. Ich hatte Zeit, wissenschaftliche Artikel zu schreiben, Präsentationen auf Online-Konferenzen zu halten und die Recherche von Tanznotizen für eine Reihe traditioneller Tänze zu beenden, die seit Jahren auf Eis lagen. So fühlte ich mich immer mit den traditionellen Tänzen verbunden, die im Mittelpunkt meiner lebenslangen Forschung standen, insbesondere mit den Frauentänzen.
MK: Welche Werte, die gerade jetzt in einer Zeit der persönlichen und globalen Veränderungen und Herausforderungen wichtig und notwendig sind, werden durch die Frauentänze vermittelt?
LS: Die Tänze vermitteln Werte wie Großzügigkeit, Gemeinschaft, gegenseitige Unterstützung und gemeinsame Führung. Sie verkörpern auch eine tiefe Ehrfurcht vor der Erde und den natürlichen Zyklen von Leben, Tod und Regeneration. Wenn wir tanzen, beginnen wir, uns in diesem natürlichen Muster zu Hause zu fühlen und darauf zu vertrauen, dass auch wir die Schwierigkeiten, denen wir jetzt begegnen, überstehen werden. Da die traditionellen Tänze aus Kulturen stammen, die viele Übergangszeiten überlebt haben, vermitteln sie Fähigkeiten, die uns bei der Bewältigung unserer eigenen Lebensveränderungen helfen können. Tanzen stärkt unser Gefühl der Verbundenheit mit uns selbst, miteinander und mit den Zyklen des Lebens in einem Kontext freudiger gemeinsamer Ziele. Der Kreistanz fördert wie die Meditation wertvolle Qualitäten wie Seelenfrieden, persönliche Handlungsfähigkeit und Verantwortung sowie Widerstandsfähigkeit gegenüber Traumata. Dies sind genau die Qualitäten, die wir brauchen, um eine nachhaltige Zukunft zu schaffen.
MK: Wie kann das Wissen und die Weisheit, die in den Frauentänzen und Ritualen enthalten sind, für die zukünftigen Generationen bewahrt werden?
LS: Ich betrachte traditionelle Tänze als lebendige Schatztruhen des Wissens und der Weisheit, die in ihren Tanzschritten, Liedtexten und Textilsymbolen spezifische Informationen verschlüsseln. Dieses kostbare Erbe ist über viele Generationen hinweg an uns herangetragen worden. Unsere Aufgabe besteht einfach darin, die Tänze am Leben zu erhalten und sie so getreu wie möglich weiterzugeben, damit künftige Generationen von Tänzern ihre verborgenen Bedeutungen entschlüsseln und ihre Anleitung und Erkenntnis für sich selbst erhalten können. Die Tänze haben viele Gaben für künftige Generationen zu bieten, und es ist ein großes Privileg, Teil dieser Traditionslinie zu sein.
Vielen Dank für das Interview.
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