In
den höheren Regionen von Armenien, dem Land Ararat, gibt es Felsmalereien von
Tanz Szenen aus dem fünften bis dritten Jahrtausend v. Chr. Diese Tänze wurden
wahrscheinlich durch bestimmte Arten von Liedern oder Musikinstrumenten
begleitet. Im 5. Jahrhundert erwähnte Moses von Khoren (Movses Khorenats'i), wie
die alten Nachkommen von Aram (die Armenier) das in ihren Balladen, Liedern und Tänzen beschreiben.
Während
der Kulturreisen die ich nach Armenien anbiete, besuchen wir eine Höhle, die nach
einem Spaziergang von etwa 1 1/2 Stunden zu erreichen ist. Hierin findet man
vorchristliche Bilder, die tanzende weibliche Figuren darzustellen scheinen, wie
in vielen Bücher bereits erwähnt ist.
Wie
in vielen Kulturen ist Tanz in Armenien ein Medium um wichtige Ereignisse zu
feiern wie z.B. Hochzeiten, Karneval, Ernte usw. Aber abgesehen von gewissen
Zeremonien wurde auch getanzt um sich die Wohlgesonnenheit bestimmter Geister zu
sichern oder um die bösen abzuwehren. Kick-Bewegungen hatten zum Ziel böse Geister zu
vertreiben. Auch in die Hände klatschen hatte eine identische Funktion. Stampfen
auf den Boden oder Sprünge dienten dazu die Erde zu wecken und eine gute Ernte
zu erkämpfen. Der Tanz Wer Weri
bedeutet wörtlich Hoch Hoch, kommt in
vielen Varianten vor und ist traditionell als Ernte Tanz bekannt.
Auch die Tanzrichtung war wichtig.
Bewegen auf die rechte Seite repräsentierte Freude und Glück, auf die linke Seite,
die schlechte, Misserfolge oder Unglück.
Vorwärts steht für Wohlstand und Fortschritt, rückwärts beim Tanzen ist
ursprünglich mit dem Tod verbunden. Blick nach außen versinnbildlicht Hoffnung.
Ebenso hatte die Fassung einen bestimmten Sinn. Der Grund, warum viele
armenische Tanz nicht mit den Händen durchfassen, hat mit der Tatsache zu tun,
dass bei gemischten Tänzen der physische Kontakt zwischen den verschiedenen
Geschlechtern, die nicht miteinander verwandt waren, so eingeschränkt war. Braut
und Bräutigam wurden oft von einem Kreis von Tänzern mit auf dem Rücken
gekreuzten Händen gegen das Böse geschützt.
Bis
zum 1. Weltkrieg gab es die sogenannten Gousan Parkapezouktchi. Diese waren
wandernde Troubadoure, die sich mit Dudelsack (parkapezouk) begleiteten und in den Dörfern ihre Darbietungen gaben.
Auch Auftritte von wandernden Seiltänzern (Pailèvan)
und Narren (Yalantchi) mit
improvisiertem Dialog und begleitet von Zurna waren sehr beliebt. Im Tanz
Pajlango sieht man Schritte, die Gratwanderung-Bewegungen imitieren.
Die
älteste Tanzform wurde durch die Stimme begleitet. Oft in Form einer Frage und
Antwort und unter dem Einfluss von
Komitas (Ende 19. Jahrhundert) wurde Mehrstimmigkeit eingeführt.
Als
Instrumentalbegleitung wurde ein oder zwei Schalmeien(zurna), eine Trommel (dehol),
Dudelsack (parkapezouk) und eine
Hirtenflöte (shevi) gespielt. Später erscheinen
Saiteninstrumente wie Laute (tar und oud), Knie-Geige (kementche), Zimbel (santur),
Zither (kanoun) und rechte Schalmei (doudouk).
In
Armenien waren bis vor kurzem nur Performance-Tanz-Gruppen zu finden. Volkstanz
als recreative Tanzform, nur zum eigenen Vergnügen, war unbekannt. In den
letzten Jahren gibt es aber ein wachsendes Interesse traditionelle Volkstänze
zu lernen, insbesondere unter jungen Menschen.
Es
gibt zwei Arten von Tanzgruppen. Viele Gruppen, basieren sich auf
traditionelles Material und transformieren die ursprüngliche Tanz form in eine
Theaterproduktion. Die Kostüme sind nicht traditionell, sondern folgen der
Inspiration des Choreographen. Die begleitenden Orchester spielen traditionelle Volksinstrumente. Die Struktur
der professionellen Ensembles ist identisch mit den oben erwähnten Gruppen. Nicht
alle Tanzgruppen folgen dieser Linie. Es gibt auch Amateur-Volkstanzgruppen,
die mit minimaler Choreographie traditionelle Tänze und Volkslieder
präsentieren.
An
den Tanz-Akademien in Yerewan liegt in der Regel mehr Aufmerksamkeit auf der
stilisierten Form des Volkstanzes als bei den traditionellen Dorftänzen. Die
Choreographen-Schule bietet, basierend auf ethnographischem Material,
stilisierte Tanzformen. Die Absolventen finden Arbeit bei professionellen
Tanzensembles. Die Pädagogenausbildung in Yerewan bietet Tänze aus
verschiedenen ethnographischen Gebieten, einschließlich Kenntnis der
ethnographischen Daten der betreffenden Gebiete.
Tanzen in der Diaspora
Angesichts der Existenz einer Diaspora
und einer Republik Armenien gibt es keinen einheitlichen "armenischen
Stil" im Folklore-Tanz.
Zusammenfassend
sehen wir zwei Tendenzen. In der Diaspora gibt es Gemeinden, die Entwicklungen
in Armenien folgen und Gastchoreographen aus Armenien einladen. Dadurch lernen
sie mehr oder weniger identische Choreographien. Wir sehen diese Entwicklung
sehr deutlich in Frankreich, Libanon und Syrien.
Es
gibt auch Tänze, die keinem Zusammenhang mit Armenien haben, sondern unter den
Armeniern in den Vereinigten Staaten populär sind. Diese Tänze sind oft neu
gemacht und werden nicht in Armenien getanzt. Beispiele sind Ambee dageets
(ursprünglich ein Opern-Lied) und Garoon.
Fest steht, dass Armenische Tänze einen immer größeren Bekanntheitsgrad erreichen und ebenfalls sehr erfolgreich exportiert wurden zu
internationalen Volkstanzgruppen und Kreistanzgruppen auf der ganzen Welt. Die
Mehrheit der Menschen schätzt armenische Tänze und Musik sowie die Leidenschaft
und Kultur, die sie verkörpern.
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