Monica Delgadillo Aguilar by Karin Cheng1. Bitte stelle dich kurz vor:

Geboren bin ich in Guadalajara, Mexiko. Ab meinem fünften Lebensjahr hat meine Mutter mich und meine Geschwister zu alle möglichen Kursen und kulturellen Aktivitäten - vor allem im Bereich des Tanzes - gebracht. Ich glaube, weil sie das selbst als Kind gern gemacht hätte, aber nicht konnte, da für ihre Eltern Kunst nicht im Vordergrund stand. Am besten gefiel mir klassisches Ballett, deshalb begann ich mit 8 Jahren in Guadalajara meine Ausbildung zur Bühnentänzerin. Von meinem Vater habe die Liebe zum Lesen, zur Literatur geerbt, und so habe ich Romanistik und Germanistik jeweils in Mexiko und Deutschland studiert. Die Liebe zum Tanz war immer größer und irgendwann musste ich mich entscheiden, einen Weg zu gehen.

Nach der Ballettausbildung habe bei vielen klassischen und neoklassischen Ballettproduktionen in Mexiko mitgewirkt. Aber, irgendwann kam Pina Bausch  und ihre Kompanie für einen Gastspiel nach Mexiko und nachdem ich ihre Arbeit gesehen habe, habe ich beschlossen mich mit zeitgenössischem Tanz und Tanztheater auseinanderzusetzen und mich in die Richtung weiterzubilden, also war der Weg nach Europa klar. Es hat mich fasziniert, dass in Pinas Stücke alle Tänzer*innen ihre individuellen Stärken und ihr Bewegungsvokabular zum Ausdruck bringen konnte, und dass sich ihre Arbeit nicht nur auf Bewegung beschränkte, sondern auch den stimmlichen Ausdruck beinhaltete. Zuerst war ich über 10 Jahre in Deutschland und habe auf verschiedene Bühnen getanzt. 2008 kam ich der Liebe wegen dann nach Österreich, nach Wien, wo ich anfangs als freischaffende Tänzerin und Choreographin gearbeitet habe. Im gleichen Jahr gab es eine Ausschreibung von "Tanz die Toleranz", ein partizipatives Tanzprojekt der Caritas Wien, wo lokale Choreograph*innen eingeladen wurden, sich für die Teilnahme an eine "Masterclass“ mit britische Community Dance Expert*innen zu bewerben. Bei dieser Fortbildung ging es darum, die tanzpädagogischen, zielgruppenspezifischen Methoden auf eine praxisorientierte Art kennenzulernen, die von den Community Dance Expert*innen entwickelt und weltweit erfolgreich angewendet wurden. Ich wurde eingeladen, und bin das erste Mal den wunderbaren Choreographen Royston Maldoom (), Tamara McLorg, Janice Parker, Mags Byrne  und dem Musiker und Komponisten Chris Benstead begegnet. Danach wusste ich, was ich in Zukunft machen wollte. Ein Jahr später habe ich angefangen, bei Tanz die Toleranz als Choreographin zu arbeiten und 2011 habe ich die Leitung übernommen.

2. Wo liegt dein tänzerischer Hintergrund?

Wie gesagt, über das Ballett und den zeitgenössischen Tanz, also nach meiner Karriere als Bühnentänzerin, kam ich zum Community Dance. Ich war am Anfang bei vielen Projekten von Tamara McLorg, Royston Maldoom und Janice Parker als choreographische Assistentin tätig und konnte in dieser Rolle sehr viel von ihnen lernen. Jeder von ihnen hat einen eigenen choreographischen und methodischen Stil. Mich hat so fasziniert, wie sie es schafften, mit große Gruppen in kürzeste Zeit wunderbare Stücke zu kreieren, was eine große Herausforderung darstellte. Es hilft bei der Verwirklichung von partizipativen Projekten sehr, zuerst bei erfahrenden Choreographen zu assistieren, um so in der Praxis das Handwerkszeug zu erlernen. Wenn man noch nicht mit große Gruppen gearbeitet hat, in denen die Teilnehmer*innen zum Teil noch nie getanzt haben, und in wenigen Monaten eine gemeinsame Performance zeigen möchte, ist sehr schwierig sich vorzustellen, wie das funktionieren soll. Es ist auch schwierig sich vorzustellen, wie man in nur 10 Proben von jeweils 2 Stunden, ein Stück kreieren soll, wenn man als professioneller Tänzer gewohnt war, täglich 8 Stunden zu probieren. Aber es geht!

An den Projekten von "Tanz die Toleranz" kann jeder mit und ohne Tanzerfahrung teilnehmen. Dafür eignet sich der zeitgenössische Tanz besonders, weil es dabei weniger um die perfekte Form eines Körpers, sowie die perfekte Ausführung eines bestimmten Bewegungsrepertoires geht, wie zB. im Ballett, sondern um das individuelle Bewegungsvokabular. Die Teilnehmer*innen entdecken den zeitgenössischen Tanz als ein Medium, mit dessen Hilfe sie sich mit anderen non verbal austauschen und sich in einem vorurteilsfreien Rahmen ausdrücken können. Das Ziel der Projekte ist auch, durch die Involvierung junger, teilweise sozial benachteiligter Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in künstlerische Prozesse, soziale Inklusion, eine Steigerung des Selbstbewusstseins und die Stärkung sozialer Kompetenzen als Nebenprodukt der Teilhabe an Kunst, an Tanz zu erwirken. Als Instrument dient hier die Auseinandersetzung mit Choreografie, mit Bewegung in Zeit und Raum. Das Sichtbarmachen der Diversität der Teilnehmer auf einer Bühne, sowohl bei der Abschlussveranstaltung, als auch bei Gastspielen, soll sogenannte Randgruppen in die Mitte der Gesellschaft rücken und sozialer Ungleichheit entgegenwirken.

3. Was ist dein aktueller, thematischer Tanzschwerpunkt?

Grundsätzlicher Schwerpunkt von "Tanz die Toleranz" ist, für alle Tanzen erlebbar zu machen; unterschiedliche Zielgruppen und ganz verschiedene Menschen zu erreichen und dadurch auch miteinander in Kontakt zu bringen. Das ist die gesellschaftliche Ebene unserer Mission. Aber auch auf individueller Ebene wirkt das Tanzen. Schüler, die wenig Selbstvertrauen und eigene Wertschätzung haben, erhalten durch das Erlebnis, Teil einer Performance zu sein und auf der Bühne zu stehen, eine persönliche Bestätigung. Sie werden dadurch ermutigt, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Das kann man übrigens wunderbar im Dokumentarfilm "Rythm is it" beobachten. Royston Maldoom, einer der Vorreiter der Community Dance Bewegung in England, wurde im deutschsprachigen Raum dadurch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Film zeigte die positive Wirkung bei Jugendlichen während der Teilnahme an einem solchen Projekt und so wurden an vielen Orten, wie auch 2007 in Wien partizipative Tanzprojekte ins Leben gerufen.

Tanz die Toleranz leistet seitdem interkulturelle und inklusive künstlerische Arbeit, die wie gesagt neue Formen der Begegnung zwischen Menschen ermöglicht. Die Mission von Tanz die Toleranz ist es, Jeder und Jedem, unabhängig von Talent und Erfahrung, Alter und Geschlecht, Hautfarbe, Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder sozialer Herkunft den Zugang zu, und die Beteiligung an Kunst und Kultur zu ermöglichen. Dabei ist es kein Ziel, dass alle Tänzer*innen werden (obwohl es sich erweist, daß einige es dann werden ;-)

4. Beschreibe uns bitte für wen und wo (Region) du deine Kurse anbietest?

Wir bieten ein breites Programm an Projekten in der Brunnenpassage, im 16. Wiener Gemeindebezirk  an. In der ehemaligen Anker Brotfabrik, im 10. Bezirk haben wir ein kleineres Programm, das wir jedoch gerne erweitern würden. Durch Kooperationen erreichen wir auch Menschen außerhalb Wiens, z.B. mit dem Projekt „Atelier für Alle“ , im Festspielhaus St. Pölten (NÖ) oder in Laa/Thaya bieten wir ein Projekt für Menschen mit und ohne Behinderung an . Eines unserer Ziele ist es, an die Peripherie zu gehen. Dorthin, wo wenig kulturelles Angebot existiert. Wir konzipieren und gestalten aber auch internationale Projekte, z.B. haben wir ein Jahr lang ein Programm in Moldawien angeboten. In Südafrika haben wir an einem Projekt unter der Leitung von Tamara McLorg mitgewirkt .

Unser Ziel ist es, mit unseren Möglichkeiten so viele Projekte wie möglich an unterschiedlichen Orte und für alle Zielgruppen anzubieten.

5. Welche Träume, Wünsche, Visionen hast du in Bezug auf den Tanz?

Mein Traum wäre es in der Brotfabrik einen eigenen Proberaum zu haben, den wir selbständig gestalten könnten, und noch ein Traum wäre eine Dance Company zu gründen. Dort könnten junge Menschen, die bei den Projekten durch Talent und Engagement aufgefallen sind, gefördert werden.

Mein Wunsch ist auch, dass die Leute dem Tanz gegenüber offener werden. Tanz hat in manche Kulturen immer noch eine wichtige Bedeutung für das Leben und Zusammenleben, fzum Meistern der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer Gesellschaft. Leider haben wir das in unsere Gesellschaft in mancher Hinsicht verloren. Viele Menschen sagen: "Ich kann nicht tanzen." Ich sage: „Jeder kann tanzen“. Aber Tanzen ist so etwas Ursprüngliches. Ich glaube, dass bei jedem Menschen, vielleicht bei manchen verborgen, die Lust, dem ureigenen Impuls, einem Rhythmus mit Bewegung zu folgen, vorhanden ist. Meine Vision wäre, das solche Mitmachprojekte überall stattfinden würden, in jedem Bezirk Wiens, in jedem Dorf, an so vielen Orten, wie möglich.

Dass sich die Erkenntnis: "Tanz hat auf viele Ebenen eine positive und sogar präventive Wirkung“ allgemein durchsetzt und Tanz auch in Schulen und Seniorenheimen zu einem festen Bestandteil wird.

6. Gibt es ein Motto oder Spruch, der für dich wichtig ist? "

Tanzen macht glücklich" und  „Ich tanze, also bin ich“.

7. Was ist deine nächste Tanzveranstaltung?

In der Brunnenpassage ab 17. September: Kindertanzklasse mittwochs /Youth Dance mittwochs / Adult Dance mittwochs / Aztekischer Tanz montags / Saturdance,samstags 

In der Brotfabrik ab 18. September: Youth Dance Company dienstags 

Im Festspielhaus St. Pölten ab 20. September: Atelier für alle

In Laa a.d. Thaya ab 15. September: Ort: Volksschule, Hubertusgasse 17, 2136 Laa/Thaya Informationen und Anmeldung: Sophie Piatti - Tel.: 0664 420 34 13 oder v.makawey@aon.at

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