TÄNZE ZU EHREN DER GROSSEN GÖTTIN
“Es war nie – und ist doch immer” (Salust)
Geleitwort zur Publikation 'Die Wiederkehr der Großen Göttin'
von Maria Gabriele Wosien
„Unsere Welt ist ein Kreis ...
Ein ewiger Kreislauf ...
Was immer ihr sucht -
Das Unerreichbare auch -
Bei den Müttern findet ihr es ...
Und alles Erfahrene
Kehrt zu den Müttern zurück:
Denn alles ist Mutter.“
(aus: Imants Ziedonis ‚Mate‘)
Unsere Existenz hat ihren Ursprung im göttlichen Schöpfungs-Traum als der geistigen Kraft, die das Universum bewegt. In unserer Zeit ist das Bewusstsein gewachsen, die Schöpfung als Einheit zu erleben und ihrem Fortbestand zu dienen.
Wer die Göttin-Urahnin verehrend erkennt, kann sie als Tor in eine Dimension jenseits der Zeit erfahren, wobei die im ‘Labyrinth des Lebens’ erfahrene Todesbegegnung erst den vollkommenen Menschen hervorzubringen vermag.
Die Spuren der Tanz-Wege, als das Erbe einer Jahrtausende alten Verehrungskultur der Großen Göttin, ermöglichen in einer geführten Meditation die Öffnung des Geistes hin zu neuen schöpferischen Begegnungen.
Als Symbolformen im bewegten Nachvollzug eröffnen sie die Möglichkeit einer Erfahrung der Einbindung in den Schöpfungsprozess, um das Hier und Jetzt dabei so zu offenbaren, dass er sich in der perfekten Gegenwart eines Atemzuges vollendet.
Traditionelle Tänze mit ihren Rhythmen und Liedern, die ihre Form im Lauf von Jahrtausenden erhalten haben, sind bewegte Symbolbilder für alle aus dem menschlichen Visionsvermögen geborenen Göttinnen Gestalten.
So verweisen prähistorische Figurinen, mit den auf ihrer Körperoberfläche angebrachten symbolischen Ritzzeichnungen, auf die inhaltliche Bedeutung dieser Darstellungen:
Die Göttin selbst ist der labyrinthartige Weg, wie sie auch die eigentliche Führungs- und Symbolgestalt ist, die auf ein Leben jenseits zeitgebundener Erfahrungen hinweist.
Als am Tanz Interessierte und ihn Ausübende erkennen wir die vielen in der Natur abgeschauten Bewegungsmuster wieder als Grundstrukturen traditioneller Tanzformen:
Träume, gestaltet in der Sprache des Körpers, vermögen es, sich durch Bewegungsbilder auf Wesentliches zu konzentrieren, und so sind wir in einer Meditation in Bewegung auf einer gemeinsame Reise zu uns selbst. Wenn wir so, in lebendiger Erinnerung, tanzend über die Erde gehen, entsteht auf unseren Spuren Leben, das es vermag uns erneut mit dem ursprünglichen Schöpfungs-Traum zu verbinden.
Tanz, als Leibes- und Glaubensübung basiert auf der Einsicht, dass der körperlichen Geburt eine zweite, geistige Geburt unseres inneren Wesens folgen muss. Das heißt, die lineare historische Zeit, die wir körperlich durch die Sinne erfahren, muss an die vielschichtigen Dimensionen der Seele angeglichen werden, die uns mit der Unendlichkeit und der Zeitlosigkeit verbinden.
In einem meditativen Zustand kann der subtile, oder ‚innere‘, Körper mit den vielschichtigen Erfahrungsebenen - den Dimensionen der Seele – intensiv erfahren werden.
Im Gebärdentanz als Ritual ist der Körper das Gefäß und Instrument der Wandlung:
Während der Tanzende übt‚ die Energie, d.h. dem unsterblichen Körper, Gestalt zu verleihen, kann dieser Energie durch geführte tänzerische Bewegungen Ausdruck verliehen werden.
Unser Tanzprojekt umfasst Vorstellungen von den dreifaltigen Göttinnen der ältesten Kulturen bis zu ihren zeitgenössischen Interpretationen. Die im Projekt vorgestellten Tänze sind Erinnerungsmodelle, die sich an das neu erwachte Bewusstsein für eine Präsenz der Göttin-Urmutter wenden.
Den Anfang bildet das Kapitel ‚Traumzeit’, in dem wir an die Urahnin erinnern, die den Licht- und Lebensfaden spinnt. Dieser Lichtfaden, den sie aus dem Universum empfängt, stellt sich auch dar als Nabelschnur für die Seelen in Erwartung ihrer Inkarnation.
Im nächsten Kapitel stellen wir Tänze und Gebete für die Großen Göttinnen des indischen Kulturkreises und des Himalaya Gebirges vor, die den Göttinnen Mahashakti – Kali – Tara gewidmet sind, gefolgt vom Kapitel mit dem Thema der dreifaltigen Göttinen Demeter – Kore – Persephone, des antiken Griechenlands.und der mittelalterliche Gestalt der Maria als Jungfrau – Mutter – ihrer Entschlafung und Himmelfahrt.
Wir gedenken auch zweier archetypischer Ahninnen, die wir noch heute als Projektionsfiguren zeitloser Sehnsüchte und Visionen kennen:
der Ariadne und der Königin von Saba.
In einem abschließenden Kapitel erläutern wir an zwei traditionellen Tanzbeispielen die thematische Zeitlosigkeit menschlich-göttlichen Beziehungen:
- Mit einer Bewegungsmeditation aus der priesterlichen Tanzkunst Nepals ‚Charya – Tanz als spirituelle Übung‘ - inspiriert von der auf dem Kronenchakra tanzenden Weisheitsfigur Padmanateshwara;
- und mit dem indischen Tanzmodell ‚Garba‘, aus der Provinz Gujarat, welches das tänzerische Miteinander des inkarnierten Gottes mit seiner Geliebten, der Welt, und allen Menschen feiert.
Abb. Dancing Devi The Great Goddess executes a graceful dance on a lotus. India, Rajasthan, ca. 1725, Metropolitan Museum of Art.
© M.-G.Wosien 2023
Hinweis: Präsentation <Die Wiederkehr der Großen Göttin - Maria Gabriele Wosien via Zoom> am 7.11.2023, 19-20:30Uhr Link zu weiteren Informationen
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