Зимушка - Simuschka – Winterchen
In Russland gibt es viele Lieder, die den Winter zum Thema haben. Einige sind sehr alte traditionelle Lieder, andere sind neu komponiert. Das Lied, auf dem der Tanz Simuschka basiert, ist traditionell. Der Tanz ist nicht traditionell, sondern von mir aus Formen und Schritten komponiert, die als Stilbeispiel für einen Volkstanz aus der russischen Choreographen-Schule gelten kann. Über den Text kann ich mich kurz fassen. Er handelt von dem sehr kalten Winter, der vorbei ist, mit viel Schnee und vereisten Wegen. Die Musik zum Tanz Simuschka wird vom Ensemble Russ aus der Stadt Wladimir gesungen und gespielt. In der Musik steht vor allem das typische Wladimir-Horn im Vordergrund. Die anderen Instrumente sind die Bajans (russisches Knopfakkordeon), die Balalaikas und natürlich die Schlaginstrumente und Glöckchen, die den Klang einer von Pferden gezogenen Troika erzeugen, die durch den Schnee eilt.
Im Wladimir-Gebiet ist eine sehr alte Blasorchestertradition bewahrt geblieben. Das Instrument, das man in einem Wladimir Blasorchester hört, ist der Roschok. Roschok bedeutet wörtlich kleines Horn. Der Roschok ist ein aus Holz gefertigtes Horn – oft mit Bast umwickelt – auf dem mit einer Trompetentechnik geblasen wird. Das Wladimir-Gebiet, das nordöstlich von Moskau liegt, ist bekannt für seine reiche Blasinstrumententradition. Schäfer benutzten in früheren Tagen Blasinstrumente um ihre Herde zusammen zu halten oder um anderen Schäfern Signale zu senden. Ein guter Schäfer schaffte es, seine eigenen Kühe, Ziegen oder Schafe nur durch Klang und Melodie seines Instrumentes zu leiten.
Im 17. Jahrhundert wurde in Russland durch die Kirche ein Verbot erlassen für instrumentale Musik. Die einzige Musik, die als passend betrachtet wurde um Gott auf rechte Weise zu dienen und zu ehren, war der Gesang, der durch die menschliche Stimme hervorgebracht wurde. Instrumentale Musik galt als ketzerisch. Bis zum heutigen Tag existiert in Russland ein enormer Schatz an aufgezeichneten Liedern, die zu einer Jahrhunderte alten polyphonen Gesangtradition gehören. Die überlieferte instrumentale Musik hebt sich deutlich davon ab. Die einzigen, die gänzlich von dem kirchlichen Verbot freigestellt wurden, waren die Schäfer. Dies erklärt, dass vor allem gerade aus dieser Berufsgruppe noch viele der sehr alten Melodien überliefert und bewahrt geblieben sind.
In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts gründete Nikolaj Kondratjev ein Ensemble, das er “Chor der Wladimir Hornbläser“ nannte. Kondratjev war fasziniert vom Klang der Blasinstrumente, welche die Schäfer in dieser Region gebrauchten. Die ersten Musiker, mit denen Kondratjev arbeitete, waren einfache Schäfer, die ihre Musikinstrumente benutzten, um ihre Herde zusammenzuhalten. Kondratjev wollte ausprobieren, mit mehreren Instrumenten einen reicheren mehrstimmigen Klang zu erlangen. Für die Schäfer war das Spielen unter der Leitung einer musikalisch geschulten Person, der das mehrstimmig Spielen mit zwölf Bläsern ausarbeitete, ein unübliches Phänomen. Kondratjev teilte das zwölfköpfige Ensemble in drei Gruppen ein. Unter seiner Leitung wurde das Blasorchester schnell bekannt.
Die Schäfer gaben ihren Beruf auf, um künftig als professionelle Musiker ihr Geld zu verdienen. Auf der Weltausstellung in Paris (russische Quellen geben das Jahr 1884 an) erhielt das Ensemble viel Aufmerksamkeit. Die Pariser Presse war voller Lob über das Ensemble und schrieb, dass es mit seinen Konzerten wahnsinnig großen Erfolg erntete. Konzerte in Berlin und Brüssel folgten. Kondratjevs Ensemble trat immer in altmodischen Kaftans auf und mit den typischen hohen Hüten, die in jener Zeit populär waren. Der Erfolg, den Kondratjev mit seinen Hornspielern hatte, inspirierte andere und fand Nachahmer. Neue Ensembles von Wladimir-Hornspielern tauchten auf und waren auf Jahrmärkten in Russland gern gesehene Gäste. Auch die Nachfolger traten in der gleichen Art von Kostümen auf. Im Jahr 1923 fand in Moskau eine große Ausstellung statt, bei der auch eine Nachfolgegruppe von Wladimir-Hornspielern zu sehen und zu hören war.
Anmerkung der Redaktion: angefügt haben wir die Tanzbeschreibung zum Tanz, mit freundlicher Erlaubnis von Radboud Koop.
Eine Videoaufnahme des Tanzes wartet hinter einem Türchen des choretaki Adventkalenders. Lass dich überraschen!
- Anmelden oder Registieren, um Kommentare verfassen zu können